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Künstliche Intelligenz, Sprachsteuerung: Die Zukunft ist (noch) nicht heute!

Wir befinden uns in einer spannenden Zeit. Smartphones werden immer schneller, Displays immer hochauflösender. Kameras werden immer besser, hochentwickelte Technik immer günstiger. Google feiert mit seinen AI-Anwendungen große Erfolge und möchte damit das Leben vieler Menschen revolutionieren. Sprachsteuerung ist mittlerweile omnipräsent: im Auto, auf dem Smartphone, auf Notebooks und in Smart Speaker integriert. Vor wenigen Jahren, geschweige denn Jahrzehnten, war der Stand der Technik, auf dem wir uns heute befinden, noch größtenteils undenkbar.

Trotz all dieser Neuerungen und technischer Durchbrüche habe ich ein Problem. Auf Präsentationen oder in spannenden YouTube-Videos werden bahnbrechende technische Produkte und Möglichkeiten gezeigt. Als Endanwender bekomme ich davon aber noch wenig mit. Klar – Sprachsteuerung ist eine tolle Sache. Aber sind diese Systeme wirklich schon so ausgereift, dass sie unseren Alltag nachhaltig verändern und verbessern? Diese Kolumne ist ein Plädoyer für Bedienbarkeit, Alltagstauglichkeit und Verständlichkeit smarter Technik.

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Bild: Google Home Mini der ersten Generation

Unterhaltungselektronik, Smart Home & Sprachsteuerung: Wo stehen wir eigentlich?

Der aktuelle Status lässt sich mit folgenden Worten wohl am treffendsten beschreiben: Wir leben in einer vernetzten Welt. Allein in meiner Wohnung habe ich einen Ventilator, diverse Lampen, Smartphones, Notebooks, Netzwerkspeicher und Saugroboter, die alle mit dem Internet verbunden sind. Auch wenn dieser Teil der Kette manchmal untergeht: Cloud Computing scheint die unausweichliche Zukunft zu sein. Daten werden in Sekundenschnelle synchronisiert, Informationen sind von überall her abrufbar.

Auch vor Smartphones macht die Entwicklung nicht Halt. High End-Modelle sind mittlerweile so leistungsstark, dass das gesamte Potenzial von den wenigsten Nutzern überhaupt abgerufen werden kann. Displays kommen teilweise auf Auflösung von über 500 Pixel pro Zoll, Bildwiederholraten von über 90 Hertz und enorme Helligkeiten. Smartphone-Kameras ersetzen die klassischen Wechselobjektivkameras mit jeder Generation ein Stückchen mehr.

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Bild: Master & Dynamic MW65

Musik, Filme und Serien werden aus der Cloud gestreamt und sind auf einer Vielzahl von Endgeräten abrufbar. Tonträger und Datenträger wie CDs, DVDs und SACDs (kennt die eigentlich noch jemand?) sind mehr oder weniger obsolet geworden. Mit einem Klick kann ich gestreamte Musik auf meinem Smart Speaker oder meinem Fernseher anhören und das in hoher Qualität und ohne Wartezeit. Ich kann meine Lampen per Sprache steuern und Lichtstimmungen erzeugen.

Software kann mit der Hardware nicht mehr mithalten

Doch worauf will ich hinaus? Nun, ein anschauliches Beispiel für eines der aktuellen Probleme ist das neue iPad Pro mit dem M1-Prozessor von Apple. Nie hat es ein so leistungsstarkes Tablet gegeben. Die Benchmark-Ergebnisse sprenge alles bisher Gesehene, das Display ist hell und wird in Zonen lokal angesteuert. Die Hardware dieses Tablets lässt sich schon fast als “vollständig” bezeichnen. Mehr ist eigentlich nicht mehr nötig.

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Bild: iPad Pro mit M1-Prozessor

Die Kehrseite der Medaille ist die Software. Das Betriebssystem iPad OS kann mit der enormen Power des Tablets nämlich gar nichts anfangen. Der Prozessor würde flüssigen Videoschnitt in 4K, Bildbearbeitung von RAW-Dateien, das Erstellen von Druckdaten in InDesign und vieles mehr ermöglichen. All diese Anwendungen laufen nur gar nicht unter iPad OS. Die Software des Tablets kann das Potenzial der Hardware nicht ausschöpfen. Und ein Großteil der Nutzer wäre dazu vermutlich auch nie in der Lage.

In der Praxis haben wir es mit top ausgestatteten Smartphones und Tablets zu tun, die ihr Potenzial wegen der beschränkten Software gar nicht ausleben können. Gewissermaßen lässt sich dieses Problem auf einen Großteil der aktuell verfügbaren Technik anwenden.

Smart Home: Fluch oder Segen?

Nehmen wir das Smart Home-Ökosystem von Xiaomi als Beispiel. Teil dieses Systems sind unglaublich viele, tolle Produkte. Trotzdem muss ich mir vor jedem Kauf Gedanken machen. Ist dieser Saugroboter mit den europäischen Servern kompatibel oder muss ich ihn auf chinesischen Servern anmelden? Mittlerweile geht das sogar schon in die andere Richtung: Kann ich dieses Produkt überhaupt auf chinesischen Servern nutzen oder ist es “Global Only”? Haben meine Lampen in der Yeelight-App mehr Funktionen als in Mi Home? Ist dieser Ventilator mit dem Google Assistant und Amazon Alexa kompatibel oder nicht?

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Bild: Yeelight Meteorite Pendelleuchte

Wir haben es mit einer ganzen Armada an tollen Produkten zu tun, die tolle Funktionen haben und das Leben erleichtern können. Trotzdem ist jede Anschaffung, jedes Produkt zumindest für eine kurze Zeit mit Kopfschmerzen verbunden. Es gibt Kompatibilitätsprobleme, einzelne Features funktionieren nicht oder das Verbinden mit meinem WLAN-Netzwerk bricht immer wieder ab. Es könnte so schön und einfach sein – ist es aber häufig nicht.

Ich könnte beispielsweise das Livebild meiner Überwachungskamera auf den Fernseher streamen. Könnte ich – kann ich aber nicht. Das Bild wird erst grün, dann stockt es eine Zeit lang und dann bricht der Stream komplett ab. Meinen Saugroboter muss ich auf einem Server in Taiwan einbinden, da er auf den chinesischen Servern nicht funktioniert. Gleichzeitig kann ich nicht komplett auf Taiwan wechseln, weil dann andere Produkte nicht funktionieren. Und meine smarte Steckdose läuft weder in China, noch in Taiwan. Das Gerät liegt hier seit Wochen herum und ich kann es einfach nicht benutzen.

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Bild: Xiaomi Mi Home Security Camera 360°

Enthusiasten oder normale Nutzer – das macht den Unterschied

Nun sind all diese Probleme für mich zwar nervig, aber kein Dealbreaker. Ich liebe Technik und habe Spaß daran, Lösungen zu finden und Systeme zu kombinieren. Das trifft aber nur auf einen kleinen Teil der Menschheit zu, nämlich auf Technik-Enthusiasten. Alle anderen geben vermutlich schon auf, wenn die Einrichtung ihrer neuen smarten Glühbirne nicht gleich beim ersten Mal funktioniert. Und damit meine ich nicht nur ältere Nutzer.

Ich erinnere mich noch sehr gut an eine Szene, die sich vor einigen Monaten abgespielt hat. Eine gute Freundin von mir hat sich ein neues Smartphone gekauft – ein iPhone. Im Gespräch meinte sie dann zu mir, dass sie nicht versteht, wofür die ganzen zusätzlichen Kameralinsen auf der Rückseite gut sein sollen. Ich gehe also auf ihrem Smartphone in die Kamera-App und zeige ihr das Ultraweitwinkelobjektiv und wie man dieses benutzt. Das habe sie nicht gewusst, meinte sie.

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Bild: Dreame F9

Das mag ein eher dämliches Beispiel sein, aber die Kernaussage trifft auf viele andere Bereiche ebenso zu. Wir haben so viel neue, spannende Technik. Letztlich werden aber viel zu viele Leute davon abgehalten, diese auch zu nutzen. Ob es nun um Xiaomi, Google, Amazon oder Apple geht: Die Bedienbarkeit muss unbedingt verbessert werden. Ich will keine Server-Probleme, keine unübersichtlichen Interfaces oder 15 verschiedene Standards für ein und dieselbe Sache haben.

Die technologische Lücke: Was möglich sein kann und was tatsächlich möglich ist

Und damit sind wir bei der Quintessenz dieses Artikels. Tech-Firmen wie Google entwickeln wie wild an neuer Technik und neuen Technologien. Ich habe dabei aber teilweise das Gefühl, dass der Ist-Zustand aus den Augen verloren wird. Es sind die kleinen Probleme und Unklarheiten, die viele Leute davon abhalten, die neuen Technologien auch sinnvoll einzusetzen.

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Bild: Xiaomi Mi TV 4S 65″

Die Entwicklung eines Sprachassistenten, der für mich am Telefon einen Friseurtermin ausmachen kann, ist eine tolle Sache. Trotzdem bekommt mein Google Home Mini es weiterhin nicht auf die Reihe, einfache Divisionsaufgaben zu lösen. Heimüberwachung ist toll, aber warum kann ich mir das Livebild meiner Kamera nicht ruckelfrei anschauen – trotz Gigabit-Leitung? Schnelle Smartphones sind super, aber warum braucht mein Fernseher weiterhin bis zu 20 Sekunden, um eine App zu starten und hat nur 16 Gigabyte internen Speicher?

Teilweise habe ich das Gefühl, dass an den tatsächlichen Problemen vorbei entwickelt wird. Irgendwelche Teams haben tolle Features im Kopf, vergessen aber, dafür überhaupt die Basis zu schaffen. Und daran sollte sich meiner Meinung nach etwas ändern. Vor der nächsten Präsentation bahnbrechender Technologien würde ich gerne hören, dass bestehende Probleme und Unklarheiten gelöst wurden. Ich möchte hören, dass bestehende Technik einfacher zu verstehen ist und bedienbarer gemacht wurde.

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Bild: Bowers & Wilkins PX7

Diskussion – Was ist eure Meinung?

Das in diesem Artikel behandelte Thema ist natürlich äußerst subjektiv und von meinen eigenen Eindrücken geprägt. Deswegen sind wir besonders gespannt auf eure Kommentare. Was sind eure Erfahrungen mit Smart Home und aktueller Elektronik? Kann die Software noch mit der oft sehr starken Hardware mithalten? Sind unsere Möglichkeiten in Wirklichkeit begrenzter, als uns von den Tech-Firmen gezeigt wird? Diskutiert gerne mit uns in der Kommentarsektion!



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Peter Nixdorf
Gast
Peter Nixdorf (@guest_78745)
2 Jahre her

Ich bin der Meinung, dass die Abgrenzung zu den Smart Systemen der eigentliche Bremsklotz ist, wo alle Firmen wieder Mal wegen ihrer Absatzzahlen leider zu kurzzeitig denken bzw konkret handeln. Wir sehen, es geschieht gerade wieder ein Rückschritt statt ein Fortschritt mit Mehrwert. Es hapert wieder Mal an einem wirklichen Mehrwert in Bezug auf Hard und aber auch an Software auf ganzer Linie.

Robert C. Mendez
Gast
Robert C. Mendez (@guest_78738)
2 Jahre her

Toller Artikel! Entsprechend hab ich den mal über unsere Verteiler gejagt!

Leider ignorieren sowohl die Hersteller, als auch die doch recht Selbstverliebte Smart Voice Branche, genau das was du beschreibst. Dabei ist die geforderte Entwicklung und die reele offensichtlich.

Entsprechend verabschieden sich viele Unternehmen inzwischen aus diesem Segment. Die eigentlichen vielen tollen Anwendungsfälle und Möglichkeiten, werden aus Nerdism um Überheblichkeit, einfach ignoriert. Nunja…

DerWiener
Gast
DerWiener (@guest_78713)
2 Jahre her

Ja, so ist es. Ein kleines Beispiel: Für das Kinderzimmer meiner 12+14 jährigen Burschen habe ich eine färbige Yeelight LED-Lampe gekauft. Mit der Mi Home App kann man die verschiedenen Farben und Modi (Sonnenuntergang, etc.) einstellen. Die Kinder haben auch die Mi Home App, ich habe die Geräte als Familienmitglieder an sie geteilt, damit sie Staubsaugerroboter und Yeelight Lampe steuern können. So weit, so gut. Dann gibt es noch die Yeelight App. Die kann ein bisschen mehr. Zum Beispiel hat sie einen, ich nenne es “Disco-Modus”: Das Licht reagiert auf Geräusche, bei Musik ist es vergleichbar wie mit einer Disco.… Weiterlesen »

Nathanael
Gast
Nathanael (@guest_78712)
2 Jahre her

Hey Benjamin, deine Kolumne trifft das Problem auf den Punkt. In meinem Freundeskreis ist es ganz ähnlich, wie du es beschrieben hast: Nur wenige sind bereit, mit neuen Features zu experimentieren, zu tüfteln und Lösungen zu finden, wenn etwas nicht funktioniert. Die meisten wollen Endprodukte, die bereits perfekt optimiert sind. Diesen Wunsch versucht zum Beispiel Apple zu erfüllen und lässt sich dafür dekadent bezahlen. Während zum Beispiel eine Bildübertragung von einem iPhone auf einen Fernseher mit Apple-TV stets reibungslos funktioniert ist dies mit meinem POCO X3 und meinem Wanbo T2 Beamer mit Android TV nicht ohne zeitweisen Verzögerungen möglich. Natürlich… Weiterlesen »

Chris
Gast
Chris (@guest_78710)
2 Jahre her

Wo ist denn die starke Hardware bei Thema Akku? Sich mit dem Handy grad so in den zweiten Tag reinquälen finde ich von der Hardware keine so tolle Leistung.Die Software mag hier auch ihre Rolle spielen, aber die Hardware begrenzt.
Thema Roboter: wo ist denn die Robotermannschaft die im Fußball gegen Menschen gewinnt? An der Software liegt’s eher nicht.

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