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RAM Erweiterung durch Festspeicher – Viel Rauch um nichts?

Den Arbeitsspeicher problemlos vergrößern? Damit werben mittlerweile fast alle Smartphonehersteller. Nur was steckt hinter diesem Feature? Ein Marketinggag der Hersteller oder doch ein praktisches Feature des Systems? Dieser Frage wollen wir in diesem Artikel auf den Grund gehen und auch ein wenig die technischen Hintergründe beleuchten.

Virtual RAM Artikel Beitragsbild

Einleitung zur RAM Erweiterung

samsung galaxy s20 fe 128gb cloud navy

Testgerät

Einige Hersteller ermöglichen euch, den Arbeitsspeicher mittels Festspeicher zu erweitern. Dafür haben sich die Hersteller so wohlklingende Namen wie RAM Plus, Virtual RAM oder Memfusion einfallen lassen. Slogans wie 6 + 5GB RAM werden z.B. gerne genutzt. So etwas kannte man früher nur von Angeboten zu Fake-Smartphones.

Da auch mein aktuelles Haupt-Smartphone, ein Samsung Galaxy S20 FE dieses Feature besitzt, werde ich dieses nutzen, um die Vor- und Nachteile herauszuarbeiten. Mit 6 GB verbauten RAM sollte es auch möglich sein, den Speicher mit Apps voll auszulasten. Als System steht Android 13 zur Verfügung. Hier findet ihr die genauen Daten zum Samsung Galaxy S20 FE (Zum Test).

Grundlagen der RAM-Erweiterung

Grundsätzlich hält sich Google ein wenig bedeckt, was die offiziellen Anforderungen für Android 13 in Bezug auf den RAM sind. Aber für Android 13 Go gibt es offizielle Anforderungen und das sind 2 GB RAM Minimum. Da beide Versionen den gleichen technischen Unterbau haben, ist dies das absolute Minimum. Realistischerweise sollten bei Android 13 zumindest 4 GB an RAM verbaut sein. Aber das ist nur die hardwaretechnische Seite. Die Hersteller setzen Android 13 in verschiedenen Ausführungen ein. OneUI bei Samsung oder MIUI bei Xiaomi, um zwei populäre Beispiele zu nennen.

Wenn ihr eine App im Smartphone ladet, wird sie so lange im Arbeitsspeicher gehalten bis sie nicht mehr benötigt wird, das System sie schließt wegen Nichtnutzung oder weil euch schlicht der Arbeitsspeicher ausgeht. Und dann kommt die RAM-Erweiterung ins Spiel und soll genau das verhindern. Im Prinzip verspricht der Hersteller, die Multitasking-Fähigkeiten zu verbessern und die Programme länger im Arbeitsspeicher zu halten, damit diese nicht dauernd neu geladen werden müssen. Das spart dann Zeit und euer Smartphone fühlt sich in der Nutzung flüssiger an.

Details zum Arbeitsspeicher und Festspeicher

Ein wenig an den technischen Grundlagen müssen wir dann doch kratzen. Der Prozessor hat direkten Zugriff auf den Arbeitsspeicher (RAM) und legt dort die Daten ab. Diese Daten sind das Betriebssystem, temporäre Dateien und Apps, die ihr benutzt. Schaltet ihr das Smartphone ab, sind die Daten weg. Die Daten für das Betriebssystem und Apps liegen auf dem Festspeicher (ROM) und sind auch ohne Energieversorgung dort gespeichert.

Der Zugriff auf den Arbeitsspeicher ist rasend schnell. Ein aktueller Prozessor wie der Snapdragon 8 Gen 2 erreicht rein theoretisch eine Datenübertragung von 67200 Mb/s mit seinem LPDDR5x Speicher. Aber auch Mittelklasse-Prozessoren wie der Snapdragon 695 sind mit bis zu 29856 Mb/s  bei LPDDR4x in der Spitze nicht langsam. Dazu stehen den modernen Prozessoren 2 Kanäle (Snapdragon 695) oder 4 Kanäle (Snapdragon 8 Gen.2) zur Verfügung, um auf diesen Speicher zuzugreifen.

Auch wenn der Festspeicher der Smartphones sich in den letzten Jahren stetig verbessert hat, ist er langsamer als der Arbeitsspeicher bei den Lese- und Schreibzugriffe. Hier findet ihr die gängigsten Typen:

  • EMMC 5.1                   250 MB/s, maximal 1 Kanal, 250 MB/s
  • UFS 1.0 / 1.1              300 MB/s, maximal 1 Kanal, 300 MB/s
  • UFS 2.0 / 2.1 / 2.2     600 MB/s, maximal 2 Kanäle, 1200 MB/s
  • UFS 3.0 / 3.1              1450 MB/s, maximal 2 Kanäle, 2900 MB/s
  • UFS 4.0                       2900 MB/s, maximal 2 Kanäle, 5800 MB/s

Die Datenraten sind nur theoretisch das Maximum und in der Praxis langsamer, aber man klar den Geschwindigkeitsvorsprung es Arbeitsspeicher gegenüber dem Festspeicher erkennen. Nicht zu vergessen, dass der Zugriff auf den Arbeitsspeicher parallel erfolgt, wogegen der Zugriff auf den Festspeicher seriell erfolgt. Ihr könnt euch gerne die Datenraten von unserem Test des Samsung Galaxy S23 Ultra anschauen, welches mit UFS 4.0 ausgestattet ist.

Praxistest der RAM-Erweiterung

Genug von der ganzen Theorie kommen wir lieber zum praktischen Teil. Der Ansatz der Hersteller ist es nun einen Teil des Festspeichers zu reservieren und dem System als RAM zur Verfügung zu stellen. Natürlich ist dieser Teil langsamer und im schlimmsten Fall bremst ihr euer Androidsystem aus. Als Vergleich findet ihr links Fotos meines Samsung ohne RAM Plus und rechts mit einer Verdopplung meines Arbeitsspeichers auf 12 GB.

Wie man sieht, steht ohne RAM-Plus mehr Arbeitsspeicher zur Verfügung. Interessant sind auch die Apps, die im Hintergrund geladen werden. Dieses Bild ergibt sich direkt nach dem Neustart meines Smartphones.

Ich weiß nicht, warum Samsung Kids im Hintergrund geladen wird. Ich denke, jeder Hersteller kocht da sein eigenes Süppchen, welche Prozesse er gerne im Hintergrund laufen lässt. Bei normaler Nutzung ergibt sich folgendes Bild.

Und wieder steht ohne die RAM-Erweiterung mehr freier Arbeitsspeicher zu Verfügung. Im Anschluss habe ich zwei Spiele gestartet, um den Arbeitsspeicher noch ein Stück mehr auszureizen.

Auch diesmal konnte ich keinen positiven Effekt der RAM-Erweiterung feststellen. Ebenso gelang es mir nicht, den Arbeitsspeicher komplett zu füllen. Zur Sicherheit habe ich noch drittes Spiel probiert, dieses verkleinerte den freien Arbeitsspeicher nur minimal. Es scheint, als würde das Speichermanagement von Android 13 sehr effektiv arbeiten.

Zum Ende habe ich sämtliche Apps geschlossen und bin auf dieses Ergebnis gekommen. Als Letztes habe ich die üblichen Benchmarkprogramme genutzt, um eine Verbesserung oder Verschlechterung herauszufinden. Ein indischer YouTube-Kanal hat mit zwei identischen Smartphones einen Paralleltest durchgeführt und ist zu demselben Ergebnis gekommen. Die Multitasking-Fähigkeit hat sich nicht verbessert. Link zum Paralleltest

 Benchmarks mit und ohne RAM-Erweiterung

Bei diesem Test verhielt sich Geekbench ein wenig seltsam. Ich musste den Test dreimal mit RAM Plus durchführen lassen, um vergleichbare Ergebnisse zu erzielen. Im ersten Durchlauf lag das Testergebnis mit RAM Plus deutlich unter dem ohne RAM Plus. Die Detailergebnisse stammen aus dem dritten Durchlauf. Es scheint, der Effekt einzutreten, dass Teile des Benchmarks im langsamen Teil des kombinierten Arbeitsspeichers geladen wurden. Und ein Algorithmus hat dieses erkannt und für folgende Durchläufe verändert.

Damit bin ich am Ende meiner Testreihe und möchte ein Fazit, daraus ziehen.

Fazit zur RAM-Erweiterung

Die Speichererweiterung des Arbeitsspeichers durch einen Teil es Festspeicher ist nicht nützlich und führt zu keiner Verbesserung des Smartphones im täglichen Handling. Zumindest konnte ich in meinem Praxistest keine Verbesserung feststellen. Es sind eher negative Folgen zu erkennen. Ihr nehmt euch Platz von dem kostbaren Festspeicher und zweitens kann das System träger reagieren, da die benötigten Daten im langsamen Teil des kombinierten Arbeitsspeichers liegen könnten. Somit ist aus meiner Sicht, das Marketing der Hersteller entlarvt und von der Nutzung dieses Feature abzuraten.

Quellen


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Müller
Gast
Müller (@guest_97466)
10 Monate her

Ich bin wieder reumütig zurückgekehrt zur werkssseitigen Ram Erweiterung. Das Testen der letzten Tage und Wochen hat doch gezeigt, dass die werksseitige Einstellung mit Ram Erw. und Swapfile mit Abstand die schnellste Einstellung ist.

deo
Gast
deo (@guest_99737)
8 Monate her
Antwort an  Müller

Es kann schon sein, dass dieses Feature voll in die Entwicklung des UI eingebunden ist, so dass Deaktivieren die das Zusammenspiel beeinträchtigt.
So soll das neue Honor Magic 5 Pro mit 12GB RAM eine nicht mehr deaktivierbare RAM Erweiterung von 7GB haben. Das ist ein Flaggschiff, kein Budgethandy, wo überall gespart wird und dann beim RAM Kosmetik betrieben wird.

Müller
Gast
Müller (@guest_97102)
11 Monate her

Vielen Dank für diesen wertvollen und hilfreichen Test. Ich habe auf meinem Xcover 6 pro diese Ram Erweiterung ausgeschaltet. Die Frage, die sich mir in diesem Zusammenhang stellt, warum das Samsung standardmäßig auf 4 Gb eingestellt hat, wo sie doch ohnehin ein 4 Gb Swap File installiert haben, die mit Buffering auch noch richtig gut funktioniert und das Handy sehr schnell und geschmeidig arbeiten läßt.
Falls jemand mir da weiterhelfen kann würde ich mich freuen.

Regepower
Gast
Regepower (@guest_97093)
11 Monate her

Also bei meinem Poco X3 Pro merke ich mit 6+5 auch nichts. Habe aber noch ein altes Tablet mit 2Gb RAM unter Lineage und mit Swapper laufen (mehr als eine SWAP Partition oder ein Swap File ist ja dieser virtuelle RAM auch nicht) da ist der Unterschied erheblich.

deo
Gast
deo (@guest_97082)
11 Monate her

Danke für den Test. Endlich lässt sich auf eine zuverlässige Quelle verweisen, wenn mal wieder nach dem Sinn einer solchen Erweiterung gefragt wird.

Peter_Beer
Gast
Peter (@guest_97067)
11 Monate her

Danke für deine erleuchtenden Erkenntnisse 🙏🏼
Ich habe schon früher darüber gelesen und auch eigene negative Erfahrungen gemacht. Bei meinem glücklicherweise verkauften Samsung S22 konnte man unter OneUI 5 diesen Mist nicht einmal abstellen. Erst mit dem Update auf 5.1 ging es dann endlich. All meinen Bekannten mit Samsung und Xiaomi Geräten schalte ich diesen Dreck aus. Sie sind danach sehr dankbar.

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